Als Kinder haben wir begriffen, dass in der Schule, bei den Ämtern dürfen wir nicht sagen, dass wir zu Hause kurdische Lieder, Erzählungen und Märchen hören…
Meine Familie und meine Jugend im türkischen Kurdistan sind für mich eine ganzes Leben betreffende Quelle der Kraft, Achtung und Liebe zu kurdischen Traditionen, zu meiner Familie. Mein Vater war ein Rechtsanwalt und mein Opa ein Großgrundbesitzer. Meine Mutter stammte aus einer Familie, die in der traditionellen Medressa ausgebildet wurde, dass sind traditionelle, nicht offizielle, staatlich nihct anerkannte und fast illegale Schulen, wo Kurdisch unterrichtet wurde. Meine beiden Omas (sowohl von der Vaters- als auch Muttersseite) waren Weise des armenischen Genozids, wo meine Urgroßeltern umgekommen sind. In der Familie durfte man nicht darüber sprechen. Mein Vater war ungläubig und meine Mutter konnte keine fanatische Mohammedanerin werden, wo sie wusste, dass ihre Mutter Armenierin war und ihre Großeltern Opfer des Massakers wurden. Sie hat mich heimlich getauft und meine „Patentante“ war mein armenisches Kindermädchen, sie musste später die Türkei verlassen und lebt heute in der BRD. Was und wem wir glauben sollen, haben die Eltern uns überlassen.
Vor etwa vierzig Jahren ist noch zur Turkifikation der Kurden die Islamisierung der Kurden, geführt vom türkischen Staat, gekommen. Mit Gewalt versuchen sie in Kurdistan ihre sunnitische Ideologie zu implantieren, leider wenn auch nur in manchen Teilen Kurdistans, haben sie damit Erfolg!
Die Kurden haben Islam als Preis dafür angenommen, dass fast die Hälfte der gesamten Bevölkerung massakriert wurde und eine mit Gewalt angenommene Religion niemals die ursprüngliche ersetzen kann. Darum kann kein islamisches Fest für die Kurden heiliger sein, als ihr NEWROZ (das Fest der Frühjahrssonnenwende), auch für die wenigen „tief gläubige“ Kurden ist NEWROZ, wo alle gemeinsam sich freuen und tanzen ums Feuer, bedeutender, als ein islamisches Fest.
Darum haben die Kurden im Rahmen des Islams ihre eigene Richtung geschaffen, die sie Schafia nennen und Türken sind Hanifa!
Wir hatten in der Kindheit keine türkischen Nachbarn. Das Türkentum hat mit dem Schulbesuhc angefangen. Kurdische Schulen gab es nicht, durfte es nicht geben. Aus der Kindheit trage ich in mir zwei Trauma, auf die man nicht vergessen kann. Mein Opa war ein mutiger und liebevoller Kurde. Er konnte kein Türkisch. Er trug eine kurdische Tracht, zu der ein Kopftuch gehört. Eines Tages wollte er mich in die Hauptstadt zum Markt bringen, ich war etwa sechs oder sieben Jahre alt. Ein junger, türkischer Soldat hat uns angehalten und wollte, dass er das Kopftuch abnimmt. Der Opa hat ihn nicht verstanden und der Soldat wollte ihm sein Tuch abnehmen, der Opa hat es aber nicht erlaubt und schubste ihn weg. Kurden darf man nicht an den Kopf fassen! Sofort kamen weitere Soldaten (Gendarmerie) und führten mit Gewalt Opa ab und rissen ihm sein Kopftuch ab, ich bin stehen geblieben und er versuchte sich umzudrehen und ich sah, wie es ihn verletzt, dieser Umgang mit ihm und wie er auch in dieser Situation Angst um mich hat. Und eine zweite, sehr schmerzhafte Geschichte spielte sich in der Grundschule ab, wo der türkische Lehrer uns fragte, wer von uns ein Kurde sei, der soll die Hand heben und ich und ein paar andere habne die Hände gehoben. Er hat uns zu sich gerufen und zwang uns, die Hände vor sich und die Finger zu sich zu halten, und fing an, uns mit einem hölzernen Gerät in die Finger zu schlagen … und ich begriff, dass Kurd sein in der Schule bestraft wird. Dann als Kinder haben wir begriffen, dass in der Schule, bei den Ämtern dürfen wir nicht sagen, dass wir zu Hause kurdische Lieder, Erzählungen und Märchen hören…
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